Die Jungen warten auf Futter
© Edgar Nemschok
Zwitschern unterm Kirchendach
Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinde und Ortsgruppen des NABU funktioniert
„Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung – genau das will auch der Naturschutz“, sagt Sven Täuber. Pfarrer der evangelischen Verheißungskirchengemeinde Neuenhagen-Dahlwitz. Er sieht sich in dieser Hinsicht auf Augenhöhe mit den Mitgliedern der Ortsgruppen des Naturschutzbunden in Neuenhagen und Hoppegarten. Denn die Kirche in Dahlwitz ist dank ihres Zusammenwirkens seit diesem Jahr auch Heimat für ein Turmfalkenpärchen. Bewohner, deren Anwesenheit vor allem den Ornithologen Marcel Kruse von der Ortsgruppe Hoppegarten mit großer Begeisterung erfüllt.
Pfarrer Täuber hatte die örtlichen Naturschutzfreunde um Hilfe gebeten, da der vorhandene alte Nistkasten von aufdringlichen, allgegenwärtigen Tauben total verkeimt und verdreckt worden war. Im Januar dieses Jahres hatte sich darum Norbert Möller daran gemacht, einen Brutkasten für eine Schleiereule zu zimmern, nachdem ihn Frank Ott von der Ortsgruppe Neuenhagen darum gebeten hatte. Eine Bauanleitung hatte der NABU auch parat, der auch das Material finanzierte.
Als Norbert Möller fertig war mit dem geräumigen Brutkasten, galt es, ihn die enge, steile Treppe ins Dachgeschoss der Kirche zu transportieren und in der Fensternische zu platzieren. Der Turmfalke bevorzugt hochgelegene Brutplätze. Auf diese Vorliebe ist auch seine Bezeichnung als Mauer-, Dom- oder Kirchfalke zurückzuführen. „Das Schwierigste war dann allerdings noch, den Einflugkasten anzubauen“, erinnert sich Norbert Möller an die Aktion. Dann wurde es spannend. Marcel Kruse hatte ein wachsames Auge auf die neue Nistgelegenheit. Aber wieder waren die sogenannten Straßentauben schneller und hatten sich im Februar eingenistet und gleich begonnen zu brüten. „Dann bemerkte eine Anwohnerin die Unruhe vor dem Einflugloch“, erzählt Kruse. Da hatten die Turmfalken die Nistmöglichkeit nämlich auch entdeckt und die Tauben mit Krallen und Schnäbeln regelrecht rausgeworfen.
Fünf Küken im Nest
Anfang Mai war es dann so weit. Fünf Eier lagen im Nest und wurden vom Turmfalkenweibchen erfolgreich ausgebrütet. Inzwischen rufen die Küken schon lautstark nach Futter, das ihnen ihre Eltern unablässig bringen. „Schöner als diese Nachricht kann es nicht sein. Da wird einem warm ums Herz“, freut sich Norbert Möller über den Erfolg, als er einen Blick in „seinen“ Nistkasten werfen darf.
Nonstop werden die Jungtiere nun vor allem mit Wühlmäusen, aber auch Insekten versorgt. „Bei gutem Witterungsverlauf vermehren sich die Mäuse explosionsartig und ihre Bestandskurve geht steil nach oben“, sagt Kruse. Das sei dann ein gutes Nahrungsangebot für die Turmfalken. Das größte Problem sei aber dennoch der Mensch, wenn er womöglich Wühlmausbekämpfungsmittel ausbringt, das dann bei den Vögeln zu Sekundärvergiftungen führen würde. Oder aber die Wiesen radikal abgemäht würden, was dann die Insekten vernichtet.
Ein frei fliegender Turmfalke benötigt täglich etwa 25 Prozent seines Körpergewichts als Nahrungsmenge. Das sind drei Mäuse! In Städten lebende Turmfalken jagen daneben auch kleine Singvögel, meist Haussperlinge. Welche Tiere den Hauptteil der Beute ausmachen, ist abhängig von den lokalen Gegebenheiten.
Oft kann man die Turmfalken über einer freien Fläche in der Luft „rüttelnd stehen“ sehen. „Die Vögel haben die Fähigkeit aus der Luft frischen Mäuse-Urin zu erkennen und kommen so erfolgreich zu ihrer Beute“, erklärt der äußerst sachkundige Hobby-Ornithologe.
Enttäuscht, dass sich nun doch keine Schleiereule eingenistet hat, sind die Naturschutzfreunde überhaupt nicht. „Es gibt zu wenige davon in der Region“, weiß Kruse. Da aber unterm Dach der Kirche noch Potenzial ist, und auch der Pfarrer sich über solche Gäste freut, bereiten sie nun alles für die Ansiedlung von Dohlen vor. „Die haben als Insektenfresser inzwischen ein großes Problem. In Berlin gibt es nur noch fünf Brutpaare, weil das Insekten- und Spinnenangebot zu klein ist, verhungert die Brut.“ „Wenn ich für die Dohlen was bauen soll, sagt Bescheid“, erklärt Norbert Möller gleich seine Bereitschaft.
„Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung – das will auch der Naturschutz“, sagt der Pfarrer, und fügt hinzu: „Schön, dass es gelungen ist!“
Datum: 26.06.2024
Turmfalkenmutter auf Futtersuche
© Edgar Nemschok
Sven Täuber, Marcel Kruse und Norbert Möller
© Edgar Nemschok
Dieser Artikel wurde erstellt durch:
Redaktionsbüro reisereste.de
Irina Voigt
Redakteurin