© Uwe Spranger
Ausstellung und Gedenken
Beeindruckende Ausstellung und Wulkower Biografien
Am Gedenktag für Opfer der Pogrome gegen Juden am 9. November ist in der Entreegalerie der Stadtverwaltung die Ausstellung „Meine jüdischen Eltern, meine polnischen Eltern“ eröffnet worden. Sie beschreibt Schicksale von jüdischen Kindern, die den Holocaust überlebten, weil ihre Eltern sie in die Obhut anderer Personen gaben. Etwa 5000 jüdische Mädchen und Jungen von rund einer Million im besetzten Polen entgingen so der Vernichtung. Mal halfen Nachbarn, mal Arbeitskollegen, mal Bekannte.
Beispielhaft für alle hat die Assoziation „Kinder des Holocaust“ Polen mit Unterstützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Warschau 15 Personen porträtiert. Sie berichten über die Polinnen und Polen, die sich ihrer annahmen, sie wie eigene Kinder aufzogen. Nicht alle enthüllten später die wahren Identitäten. So sind auf manchen der großformatigen Tafeln graue Kreise, wo bei anderen die leiblichen Eltern erscheinen, wenn die Suche nach Spuren der Herkunft erfolgreich war. Zudem berichten die Betroffenen über ihre Erinnerungen, manchmal ergänzt durch Rechercheergebnisse aus Archiven. Melanie Seeland aus der Anderen Welt Bühne trug einige Texte bei der Eröffnung vor.
Bürgermeisterin Elke Stadeler nannte die Schau beeindruckend und empfahl gerade jungen Leuten, sie anzuschauen, sich Zeit zu nehmen und Gelesenes zu verinnerlichen. Bis zum 29. November ist dies zu den Öffnungszeiten der Verwaltung möglich. Sie sei froh, dass Strausberg den besonderen Tag in einer besonderen Woche wieder würdig begehen könne. Die Bürgermeisterin dankte Meinhard Tietz, der die Ausstellung in die Stadt geholt hatte, aber auch der Künstlergruppe Kontrapost, die die eigentlich für sie vorgesehene Zeitspanne in der Entreegalerie freigegeben hatte und nun ihre Werke 2025 präsentieren wird.
Wie Holger Politt, ehemaliger Büroleiter der Luxemburg-Stiftung in Warschau, mitteilte, wird die Ausstellung jetzt zum 25. Mal in Deutschland gezeigt. Er hat das 2015 entstandene Projekt mit betreut und erläuterte einiges zur Entstehung und zur damaligen Situation. Es sei zwar nur ein vergleichsweise geringer Teil der Bevölkerung im Widerstand gegen die Nazis gewesen, aber Verrat habe es kaum gegeben. Insofern seien auch die vorgestellten polnischen Eltern „Helden“ gewesen.
Im Anschluss an die Ausstellungseröffnung gab es das traditionelle Gedenken am jüdischen Friedhof. Zwei junge Frauen vom Arbeitskreis Wulkow der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten stellten Ergebnisse ihrer Recherchearbeit zum Wulkower Außenlager des KZs Theresienstadt vor. Etwa 400 Menschen hatten dort 1944 im Wald in Zwangsarbeit Ausweichstellen für NS-Behörden errichten müssen, damit diese den Bomben auf Berlin entgehen. Stellvertretend stellten sie die Biografie von Ingeborg Kantor (1924-2016) vor. Weitere Details zum Lager und weitere Biografien sind auf der Internetseite www.erinnerungsort-wulkow.de zu finden, einer digitalen Gedenkstätte.
Am Abend um 18 Uhr beschloss eine Lesung mit Konzert mit dem Titel „Mahnen und Erinnern“ im Café Tortenduft den geschichtsträchtigen Tag. Im Mittelpunkt stand dort das Leben des polnischen Arztes und Reformpädagogen Janusz Korczak.
Datum: 09.11.2024
Dieser Artikel wurde erstellt durch:
Stadtverwaltung Strausberg
Uwe Spranger
Pressesprecher