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Abb. 1: Das Wintergoldhähnchen im Portrait. 27. Oktober 2025.

Abb. 1: Das Wintergoldhähnchen im Portrait. 27. Oktober 2025.
© Dr. Jörg Hoffmann

Die Goldhähnchen

kleinste und leichteste Vögel Europas

Die Goldhähnchen (Regulus), kleinste und leichteste Vögel Europas
Goldhähnchen sind weltweit durch sieben Arten in der Vogelwelt vertreten (BAUER et al. 2005). Ihre Lebensräume befinden sich auf der Nordhalbkugel der Erde, der Holarktis, ein biogeografisches Gebiet, das die nördliche gemäßigte und kalte Zone bis zum nördlichen Wendekreis umfasst, ganz überwiegend in den Waldgebieten.

In unserer Region gibt es zwei Arten der Gattung, das Wintergoldhähnchen (Regulus regulus) (Abb. 1, 2) und das Sommergoldhähnchen (Regulus ignicapillus) (Abb. 3).
Der deutsche Name des Goldhähnchens wurde aus dem gelben Scheitelfleck, der den Vergleich mit einem Hahnenkamm herausgefordert hat, hergeleitet (SUOLAHTI 1909). Dieser ist beim Wintergoldhähnchen goldgelb (Abb. 1, 2), hingegen beim Sommergoldhähnchen goldgelb-orangerot (Abb. 3).

Der Gattungsname „Regulus“ (lateinisch) bedeutet kleiner König. Er kann auch als „Prinz“ gedeutet werden. Das Wintergoldhähnchen trägt „regulus“ auch als Artname, was ihn als „kleinen König“ oder „Prinz“ nochmals hervorhebt.
Für das Sommergoldhähnchen fand der Artname „ignicapillus“ (ignis (lateinisch) = das Feuer, capillus (lateinisch) = das Haupthaar) Verwendung, was sinnbildlich für Feuerscheitel stehen kann (WEMBER 2005) und auf den im Vergleich zum Wintergoldhähnchen mehr feuerähnlichen Federschopf hindeutet. Es kann gegenüber dem Wintergoldhähnchen gut an dem weißen Überaugenstreif erkannt werden.
Das Körpergewicht der Goldhähnchen ist entsprechend ihrer Größe von rund 9 Zentimetern gering und liegt im Mittel bei gut 5 Gramm. Wegen ihrer Kleinheit und auch unruhigen Lebensweise wurden sie zu früherer Zeit, neben weiteren Volksnamen, „teutsche Kolibri“ genannt (POPOWITSCH 1780).

Obwohl das Gewicht eines Eies nur bei etwa 0,6 Gramm liegt, ist die Legeleistung der „Goldhähnchendame“ gigantisch. Da die Gelege im Durchschnitt 7 bis 8 Eier umfassen (BAUER et al. 2005), entspricht diese Eimasse beinahe dem eigenen Körpergewicht eines Vogels. Übliche zwei Bruten je Brutsaison führen dann zu einer Eimasse, die das Eigengewicht des Brutvogels etwa um den Faktor 1,8 übersteigt!
Die kleinen Vögel sind stets in Bewegung, beinahe ständig auf Nahrungssuche, oft in Fichten- und Kiefernzweigen, aber auch im Astgewirr verschiedener Laubgehölze. Als Nahrung nehmen sie mit dem Schnabel kleine Arthropoden, d. h. wirbellose Tiere, zu denen u. a. Insekten und Spinnen zählen auf, besonders Springschwänze, kleine Spinnen und Blattläuse, im Sommer zudem auch Pollen und Nektar. Außerdem sollen die Weibchen zur Eiablage kleine Gehäuseschnecken fressen (BAUER et al. 2005).
Je Tag benötigen die Vögel in etwa eine Nahrungsmenge, die dem eigenen Körpergewicht entspricht, was ihre Rastlosigkeit unterstreicht, um auf diese Tagesportion zu kommen. In der Brutsaison, die im Zeitraum von Mitte April bis August reicht und sie währenddessen über einige Wochen ihre Jungen füttern, ist der Nahrungsbedarf und die Sammelintensität noch größer.

In Brandenburg wurde der Brutbestand des Wintergoldhähnchens auf 5.000 bis 10.000 Reviere, der des Sommergoldhähnchens auf 800 bis 1.500 geschätzt (MÄDLOW 2001).
Während der Brutsaison fallen die kleinen Vögel am ehesten durch ihren Gesang auf, ehe sie auch optisch entdeckt werden. Die feine Stimme der Tiere beider Arten ähnelt sich. Sie ist meist aus den Baumkronen her zu vernehmen.

Goldhähnchen werden zu den Kurzstreckenziehern gezählt. Während Wintergoldhähnchen ganz regelmäßig auch in den Wintermonaten in den Waldgebieten angetroffen werden und nur teilweise in weiter südliche Gebiete wandern, sind Sommergoldhähnchen nur selten im Winter in unserer Region bemerkt worden. Sie verlassen ganz überwiegend ihre Brutheimat. Überwinterungsgebiete beider Arten liegen in südlichen Teilen Europas.

Wer Goldhähnchen in Augenschein nehmen möchte, der kann in den mit Kiefern- und Fichten durchmischten Wäldern und Forsten besonders die Wintergoldhähnchen regelmäßig entdecken. Die Sommergoldhähnchen sind deutlich seltener. Man findet diese eher in lichten Mischwäldern mit Laubholzanteil und eingestreuten Fichten sowie in waldangrenzenden Ortschaften mit entsprechenden Gehölzstrukturen.

Literatur:
BAUER, H.-G., BEZZEL E., FIEDLER, W. 2005: Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Passeriformes – Sperlingsvögel. Aula-Verlag Wiebelsheim: S. 287-293.
MÄDLOW, W. 2001: Wintergoldhähnchen und Sommergoldhähnchen. – In: ABBO: Die Vogelwelt von Brandenburg und Berlin. Natur & Text. Rangsdorf: 523-526.
POPOWITSCH, J. S. V. 1780: Popowitsch Versuch = Versuch einer Vereinigung der Mundarten von Teutschland als eine Einleitung zu einem vollständigen Teutschen Wörterbuche mit Bestimmungen der Wörter und beträchtlichen Beiträgen zur Naturgeschichte aus den hinterlassenen Schriften des berühmten Herrn Prof. Joh. Siegm. Val. Popowitsch. Wien: S. 160.
SUOLAHTI, H. 1909: Die deutschen Vogelnamen, Eine wortgeschichtliche Untersuchung. Straßburg Verlag von Karl J. Trübner. 540 S. https://archive.org/details/diedeutschenvoge00suol/diedeutschenvoge00suol/page/78/mode/2up
WEMBER, V. 2005: Die Namen der Vögel Europas. Aula-Verlag Wiebelsheim: S. 138.




Zum Autor:
Jörg Hoffmann beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der heimischen Natur. Besonders interessieren ihn die Artengruppen Vögel, Gefäßpflanzen und Tagfalter der Region sowie der Naturschutz. Er promovierte auf den Gebieten der Landwirtschafts- sowie der Naturwissenschaften. Gut 40 Jahre arbeitete er als Wissenschaftler in den Forschungsinstituten in Müncheberg, Braunschweig und Kleinmachnow. Er publizierte ca. 300 Fachbeiträge in Zeitschriften und Büchern. Eine jüngere Langzeitstudie befasste sich mit den Veränderungen der Biodiversität unserer Landschaften (HOFFMANN, J. 2023: Biodiversität im Zeitvergleich. Strukturelemente und Nutzungen räumlich identischer Ackerbaugebiete 1991-1993 und 2018-2021. Auswirkungen auf die Biodiversität. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut 224: 940 S. https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00088315 ).

Textquelle: Dr. Jörg Hoffmann

Datum: 23.11.2025


Abb. 2: Ein Wintergoldhähnchen am Ortsrand von Waldsieversdorf. Der Vogel war versehentlich gegen die Fensterscheibe eines Wohnhauses am Waldrand geflogen, konnte sich aber nach einer Erholungsphase aufrappeln und wieder davon fliegen. 27.10.2025

Abb. 2: Ein Wintergoldhähnchen am Ortsrand von Waldsieversdorf. Der Vogel war versehentlich gegen die Fensterscheibe eines Wohnhauses am Waldrand geflogen, konnte sich aber nach einer Erholungsphase aufrappeln und wieder davon fliegen. 27.10.2025
© Dr. Jörg Hoffmann

Abb. 3: Ein Sommergoldhähnchen zwischen Zweigen von Laubgehölzen im Waldsaum am Radweg nahe der Bergschäferei zwischen Waldsieversdorf und Garzin. 14. März 2014.

Abb. 3: Ein Sommergoldhähnchen zwischen Zweigen von Laubgehölzen im Waldsaum am Radweg nahe der Bergschäferei zwischen Waldsieversdorf und Garzin. 14. März 2014.
© Dr. Jörg Hoffmann



Dieser Artikel wurde erstellt durch:

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