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© Dr. Jörg Hoffmann

Die Gottesanbeterin

auch in unserer Region

Die Gottesanbeterin (Mantia religiosa) kommt mit dem wärmeren Klima!

Weltweit sind über 2.400 Arten von Gottesanbeterinnen bekannt, von denen einige in der Lage sind, neben Insekten auch größere Beutetiere, z. B. Frösche, Eidechsen, kleine Schlangen, Mäuse und Vögel zu fressen. Die heimische Gottesanbeterin (Mantia religiosa) war ursprünglich in Afrika beheimatet und ist in ihrer Ernährung auf verschiedene Insektenarten spezialisiert.


Die an warme Klimabedingungen angepasste Gottesanbeterin hat sich schon vor langer Zeit im europäischen Mittelmeerraum angesiedelt und zunächst dort weit ausgebreitet. Sie ist dann allmählich in nördlichere Regionen vorgedrungen. Erste Nachweise in Deutschland gab es in südlichen Landesteilen ab Mitte des 18. Jahrhunderts, später aus Berlin ab Ende des 20. Jahrhunderts.

Mit der neuerlichen Klimaerwärmung, die im Landkreis Märkisch-Oderland ab etwa 1980 einsetzte (Abb. 1), verbunden mit zunehmend wärmeren Frühjahrs- und Sommertemperaturen sowie Trockenperioden, hat sich die Gottesanbeterin auch in Brandenburg angesiedelt und in unserem Landkreis deutlich ausgebreitet. Aus den letzten Jahren liegen viele Einzelnachweise vor, z. B. aus trockenen bis feuchten Graslandflächen, aus Brachen und Agrarland sowie aus Gärten. Durch ihre Grünfärbung ist die Gottesanbeterin in ihrer Umgebung meist gut getarnt (Abb. 2). Sie kann daher leicht übersehen werden, wenn sie reglos lauert.

Ab 2023 und zunehmend 2025 wurde die Gottesanbeterin in oder in der Nähe vieler Orte unseres Landkreises, z. B. in Münchehofe, Ihlow, Waldsieversdorf und Eggersdorf, bei Strausberg und Biesdorf beobachtet, vermutlich an vielen weiteren Stellen auch.

Der wissenschaftliche Gattungsname „Mantia“ der Gottesanbeterin ist dem altgriechischen mantis=Seher, Wahrsager bzw. manteia=Weissagung, entlehnt. Der Artname steht in Bezug zu dem lateinischen „religiosa“=Religiössein. Dieser wurde gewählt, weil es den Anschein macht, als würde die Fangschrecke ihre zwei vorderen Fangbeine in Ruhestellung wie zu einem Gebet erhobene Arme präsentieren (Abb. 3). Die wirkliche Bedeutung dieser Körperhaltung ist jedoch eine Andere. Die Gottesanbeterin ist eine „Lauerjägerin“, die nach verschiedenen Insektenarten, z. B. Heuschrecken, Bienen und Fliegen, Ausschau hält. Gelangt ein potenzielles Beutetier in ihre Reichweite, schnellt sie blitzschnell die angewinkelten Fangarme nach vorn, um ihre Beute zu schnappen, dann zu verspeisen. Dazu sind ihre Fangarme nicht nur sehr reaktionsschnell, sondern auch mit kräftigen Dornen ausgestattet (Abb. 4), um die erfassten Beutetiere festzuhalten. Ein Entkommen scheint kaum möglich.

Die Gottesanbeterin besitzt auch eine weitere, etwas schummrig anmutende Eigenart. Sie betreibt Sexkannibalismus! Nach der Paarung soll es vorkommen, dass das kräftigere Weibchen das kleinere, auch schwächere Männchen verspeist.
Ob sich die Gottesanbeterin in den nächsten Jahren weiter ausbreitet und vielleicht sogar zu einer invasiven Art in der heimischen Tierwelt wird, bleibt abzuwarten.

Literatur:
HOFFMANN, J., WITTCHEN, U. 2023: 3.1 Witterung und Klima im Untersuchungsraum. – In: HOFFMANN, J. (Hrsg.) 2023: Biodiversität im Zeitvergleich. Strukturelemente und Nutzungen räumlich identischer Ackerbaugebiete 1991-1993 und 2018-2021: Auswirkungen auf die Biodiversität. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut 224: 186-200.

Zum Autor:
Jörg Hoffmann beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der heimischen Natur. Besonders interessieren ihn die Artengruppen Vögel, Gefäßpflanzen und Tagfalter der Region sowie der Naturschutz. Er promovierte auf den Gebieten der Landwirtschafts- sowie der Naturwissenschaften. Gut 40 Jahre arbeitete er als Wissenschaftler in den Forschungsinstituten in Müncheberg, Braunschweig und Kleinmachnow. Er publizierte ca. 300 Fachbeiträge in Zeitschriften und Büchern. Eine jüngere Langzeitstudie befasste sich mit den Veränderungen der Biodiversität unserer Landschaften (HOFFMANN, J. 2023: Biodiversität im Zeitvergleich. Strukturelemente und Nutzungen räumlich identischer Ackerbaugebiete 1991-1993 und 2018-2021. Auswirkungen auf die Biodiversität. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut 224: 940 S. https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00088315 ).

Textquelle: Dr. Jörg Hoffmann

Datum: 10.09.2025




<b>Abb.</b> 1: Lufttemperatur (Rote Punkte: Jahresmittel 2 m über Flur) und Trend (schwarze Kurve), meteorologische Station Müncheberg; ab etwa 1980 starker Anstieg der Lufttemperatur (HOFFMANN 2023).

Abb. 1: Lufttemperatur (Rote Punkte: Jahresmittel 2 m über Flur) und Trend (schwarze Kurve), meteorologische Station Müncheberg; ab etwa 1980 starker Anstieg der Lufttemperatur (HOFFMANN 2023).

<b>Abb. 2:</b> Eine Gottesanbeterin zwischen Grashalmen an sonniger Stelle in aufgelassener Kiesgrube der Sieversdorfer Heide; Foto: Jörg Hoffmann, 04. 09. 2025.

Abb. 2: Eine Gottesanbeterin zwischen Grashalmen an sonniger Stelle in aufgelassener Kiesgrube der Sieversdorfer Heide; Foto: Jörg Hoffmann, 04. 09. 2025.

<b>Abb. 3:</b> Eine Gottesanbeterin kopfüber mit typischer Körperhaltung in Lauerposition an Blütenständen der Lanzett-Kratzdistel am Roten Luch; Foto: Jörg Hoffmann, 13.08.2025.

Abb. 3: Eine Gottesanbeterin kopfüber mit typischer Körperhaltung in Lauerposition an Blütenständen der Lanzett-Kratzdistel am Roten Luch; Foto: Jörg Hoffmann, 13.08.2025.

<b>Abb. 4:</b> Mit spitzen, unterschiedlich langen Dohrnen ausgestattete Fangarme der Gottesanbeterin; Foto: Jörg Hoffmann, 24.08.2025, Waldsieversdorf.<br />

Abb. 4: Mit spitzen, unterschiedlich langen Dohrnen ausgestattete Fangarme der Gottesanbeterin; Foto: Jörg Hoffmann, 24.08.2025, Waldsieversdorf.

Dieser Artikel wurde erstellt durch:

Redaktion MOL Nachrichten
Dr. Jörg Hoffmann


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