Abb. 1: Ein Schornsteinfeger (Aphantopus hyperantus) in Ruheposition mit zusammengeklappten Flügeln auf Blättern einer krautigen Pflanzen an einem Waldsaum
© Jörg Hoffmann, 26. Juni 2025
Der Schornsteinfeger
ein filigraner, heimischer Schmetterling
Liest oder hört man vom Schornsteinfeger, denkt jeder sicher gleich an den Mann auf dem Dach, der die Esse reinigt. Hinter dem Namen „Schornsteinfeger“ verbirgt sich jedoch auch ein filigraner, heimischer Schmetterling, eine Tagfalterart. Diese lebt vorwiegend in mosaikartig strukturierten vielfältigen Waldarealen, die Lichtungen, Waldwiesen und floristisch reiche Säume aufweisen. Man kann den Falter zudem in blütenreichen Gärten, auf Wiesen und gelegentlich auf Brachen entdecken.
Der Schornsteinfeger trägt außerdem den Namen „Brauner Waldvogel“, was an seine bräunlich getönten Farben (Abb. 1) sowie den Waldlebensraum erinnert. Er fliegt ab Mitte Juni und kann bis etwa Ende August beobachtet werden.
Der Schornsteinfeger gehört zu den häufigeren, der insgesamt bisher in Brandenburg etwa 120 nachgewiesenen Tagfalterarten. Man kann ihn alljährlich und regelmäßig an noch vielen Stellen beobachten, wenn man der Schmetterlingswelt Aufmerksamkeit schenkt. Eine Bestimmungshilfe (SETTELE et al. 2015) sowie ein Foto können nützlich sein, um sicher zu gehen, um welche Schmetterlingsart es sich handelt.
In diesem Frühsommer schien es, als würden Schmetterlinge kaum zu finden sein. Gründe lagen in der anhaltenden Trockenheit, die von März bis Anfang Juli andauerte, die weniger Blütenvielfalt zutage brachte und viele Gräser und Kräuter vertrocknen ließ, da weite Teile der Landschaft unter Wassermangel litten.
In der Tat haben sich viele Schmetterlingsbestände, wie langjährige Beobachtungen zeigen, in den letzten Jahrzehnten negativ entwickelt. Eine ganze Reihe der heimischen Arten sind viel seltener geworden, nur wenige häufiger. Vielfach sind Schmetterlinge lokal, teils sogar in ganz Brandenburg ausgestorben, wie man bei GELBRECHT et al. (2016) nachlesen kann.
Dieser Rückgang und das Verschwinden mancher Arten hat viele Ursachen. Zu diesen können u. a. Veränderungen bei land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen gezählt werden. Allerdings zeigen auch wechselnde Witterungsverläufe, dass sich manche der Arten unter bestimmten Wärme- und Feuchtebedingungen wieder erholen könnten. So war mit den nach der Trockenheit ab 7. Juli 2025 einsetzenden ausgiebigen Niederschlägen ein starker Impuls für die Wiederbelebung des Blütenreichtums in der Landschaft gegeben. Parallel zeigte sich eine quasi sprunghafte Zunahme der Schmetterlinge, schon wenige Tage nach diesen Niederschlagsereignissen mit den dann einsetzenden sommerlich-warmen Temperaturen und viel Sonnenschein im weiteren Verlaufe des Monats Juli. Beinahe überall waren nun Schmetterlinge in verschiedenen Arten sehen. So konnte ich in kurzer Zeitperiode in der Märkischen Schweiz über 35 Tagfalterarten notieren. Eine besonders häufige Art war darunter der Schornsteinfeger, bei dem sich auch das Paarungsverhalten (Abb. 2) beobachten ließ.
Nach der Paarung erfolgt die Eiablage auf scheinbar ungeordnete Weise. Demnach sollen die weiblichen Tiere ihre Eier während des Fluges, quasi im freien Fall, der Gras- und Krautvegetation überlassen. Die Schmetterlingseier landen und lagern dadurch in der unteren, bodennahen Vegetationsschicht, die weniger durch Verbiss (Weidetiere) oder durch Mahd (Schittnutzung der Fläche) beeinträchtigt werden kann und scheinen dort relativ gut geschützt für die weitere Entwicklung. Dieser „evolutionäre Trick“ verschafft ihnen scheinbar unter den heutigen Bedingungen Vorteile gegenüber manchen anderen Schmetterlingsarten, wie z. B. dem Mädesüß-Perlmutterfalter. Dieser legt seine Eier an den oberen Blättern des Mädesüß, einer Feuchtwiesenart, ab. Folgt eine Mahd oder Beweidung nach der Eiablage, dann kann den potenziellen Nachkommen der Schornsteinfeger durch diese Eingriffe weniger Gefahr drohen. Das Resultat ist erkennbar. Während der Schornsteinfeger nach wie vor verbreitet, teils häufig vorkommt, sind Arten wie der Mädesüß-Perlmutterfalter heute beinahe im Bestand erloschen.
Literatur:
GELBRECHT, J. et al. 2016: Die Tagfalter von Brandenburg und Berlin (Lepidoptera: Rhopalocera und Hesperiidae) Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 25 (3, 4): 325 S.
SETTELE, J. et al. 2015: Schmetterlinge. Die Tagfalter Deutschlands. Ulmer, Stuttgart 256 S.
Zum Autor:
Jörg Hoffmann beschäftigt sich seit mehr als 40 Jahren mit der heimischen Natur. Besonders interessieren ihn die Artengruppen Vögel, Gefäßpflanzen und Tagfalter der Region sowie der Naturschutz. Er promovierte auf den Gebieten der Landwirtschafts- sowie der Naturwissenschaften. Gut 40 Jahre arbeitete er als Wissenschaftler in den Forschungsinstituten in Müncheberg, Braunschweig und Kleinmachnow. Er publizierte ca. 300 Fachbeiträge in Zeitschriften und Büchern. Eine jüngere Langzeitstudie befasste sich mit den Veränderungen der Biodiversität unserer Landschaften (HOFFMANN, J. 2023: Biodiversität im Zeitvergleich. Strukturelemente und Nutzungen räumlich identischer Ackerbaugebiete 1991-1993 und 2018-2021. Auswirkungen auf die Biodiversität. Berichte aus dem Julius Kühn-Institut 224: 940 S. https://www.openagrar.de/receive/openagrar_mods_00088315 ).
Textquelle: (Ein Beitrag von Jörg Hoffmann, Waldsieversdorf)
Datum: 06.08.2025
Abb. 2: Schornsteinfegerpaar auf Eichenblättern an einem Waldsaum im Liebesspiel.
© Jörg Hoffmann, 09. Juli 2024.
Dieser Artikel wurde erstellt durch:
Redaktion MOL Nachrichten
Dr. Jörg Hoffmann
